Anrede,
sie haben es bereits der Presseberichterstattung entnehmen können und daher möchte ich sie auch nicht zu lange auf die Folter spannen: Die CDU wird den Antrag der SPD zur Abschaffung des Bürgerhaushaltes hier und heute ablehnen.
CDU steht für mehr Bürgerbeteiligung
Warum lehnen wir diesen Antrag ab? Für die Antwort hilft ein direkter Blick in den Antrag der SPD. Mehrfach und prominent ist dort von „Stärkung der direkten Bürgerbeteiligung“ und auch „Einführung eines neuen Verfahrens“ die Rede. Eine zugegeben wohlklingende Formulierung für das, was sie eigentlich vorhaben:
Den bestehenden Bürgerhaushalt, das Instrument in der Stadt Gelsenkirchen, das die mit weitem Abstand meiste Bürgerbeteiligung gebracht hat, abzuschaffen.
Ihr Antrag ist somit ein Schlag gegen die Bürgerbeteiligung in unserer Stadt und nichts weiter als ein gut gemachter Etikettenschwindel.
Wenn wir den Antrag weiterlesen, finden wir eine Vielzahl von Nebelkerzen, um genau diesen Etikettenschwindel zu verschleiern.
Sie sprechen von Quartiersbezug. Das ist wichtig. Aber sie wissen auch, dass ein Großteil der Vorschläge im bisherigen Bürgerhaushalt einen klaren Bezug zur unseren Quartieren hatte und vielfach die Lebensqualität verbessern wollte. Sie wissen ebenso, dass der bisherige Bürgerhaushalt auch in vielen lokalen Initiativen schon eine Rolle gespielt hat. Das was sie wollen gibt es schon. Aber es hört sich besser an, das zu ignorieren.
Sie sprechen in ihrem Antrag mit viel Prosa über die Rolle des kommunalen Haushaltes und dass es keinen Nebenhaushalt geben dürfe. Das ist richtig. Aber sie wissen auch, dass das Bürgerhaushaltsverfahren immer auf ein Bürgervorschlagswesen und nicht auf einen Nebenhaushalt ausgelegt war. Dies war im Übrigen auch vor mehr als einem Jahr Thema im Lenkungskreis. Die Idee, dem Kind einen neuen Namen zu geben, gab es dort bereits. Das wollten sie nicht. Und heute hört es sich viel besser an, diese Tatsache einfach zu ignorieren.
SPD baut neue Hemmschwellen auf
Sie sprechen in ihrem Antrag auch davon, dass alle zukünftigen Vorschläge mit Namen und Anschrift versehen werden müssen. Sie wissen hoffentlich, dass dies heute auch schon so ist, die Namen in den politischen Beratungen aber absichtlich keine Rolle spielen. Das wollen sie ändern und es hört sich natürlich besser an, in Zeiten von „Fake News“ und Anonymität im Internet darauf noch mal hinzuweisen und die Fakten zu ignorieren.
Sie sprechen in ihrem Antrag von der Beteiligung aller Altersgruppen. Auch das ist wichtig. Aber sie wissen auch, dass die Möglichkeiten zur Beteiligung am bisherigen Bürgerhaushalt, ob online, offline oder in den bereits genannten lokalen Initiativen, breiter kaum hätte sein können. Aber es hört sich einfach besser an, diese Tatsache zu ignorieren. Ihr Antrag baut stattdessen für viele Bürger eine neue Hemmschwelle auf.
All das, was sie in ihrem Antrag als Ziel formulieren, das gibt es schon. In besser oder in breiter, als sie es Vorschlagen.
Warum also das Verfahren komplett ändern statt es qualitativ weiter zu entwickeln? Die einzig logische Antwort ist: weil ihnen die Schwerpunkte, die Probleme der Menschen in der Stadt ganz offenkundig nicht in ihre politische Agenda passen.
"Wie ein Dinosaurier in der Brandung"
Was liegt für die absolute Mehrheit näher, als die Stimmen der Bürger, die unliebsame Themen im Bürgerhaushalt prominent platziert haben, einfach wieder zum Schweigen zu bringen.
Und da bin ich ein letztes Mal bei ihrem Antrag: Sie wollen Werbung machen. Für die Kommunalwahlen. Als das primäre Instrument der politischen Willensbildung. Und das ist auch richtig. Aber Willensbildung und Bürgerbeteiligung im Jahr 2017 heißt eben nicht mehr „Wählen und vergessen“, sondern sich in Initiativen und themenbezogen einzusetzen, wie wir es in den letzten Monaten in Gelsenkirchen beim Bäderkonzept oder der Ebertstraße in positivster Weise erlebt haben. Die Welt hat sich weitergedreht. Die Sozialdemokratische Partei in Gelsenkirchen ganz offensichtlich nicht. Sie stehen wie ein Dinosaurier in der Brandung, die Dinosaurier sind bekanntlich ausgestorben und sie arbeiten mit diesem Antrag hier heute auch wieder fleißig daran, dass ihnen das gleiche Schicksal widerfährt.
Anrede,
daran ändert langfristig auch die Tatsache nichts, dass sie wohlklingelnde 200T€ in die Bezirke geben wollen. Das liegt aber nicht an der Summe, sondern an dem Verfahren, dass sie heute hier vorgeben. Damit werden die 200T€ an alte Bekannte fließen, die heute schon mit den bestehenden Beteiligungsinstrumenten in den Bezirksvertretungen vertraut sind und die vielfach mit den politischen Akteuren eng verbunden sind. Wir werden keine Initiativen mehr von normalen Bürgerinnen und Bürgern erleben, wie sie am bisherigen Bürgerhaushalt teilgenommen haben.
Erlauben sie mir den Hinweis: Ich war letzte Woche auf dem Youtube-Channel der Stadt Gelsenkirchen. Mir war dieses Instrument ehrlicherweise bislang auch nicht so präsent. Dort findet sich aber noch ein Werbevideo zur Einführung des Bürgerhaushalts. Es werden Bürger auf der Straße interviewt, welche Themen sie bewegen. Und genau diese Themen rund um Infrastruktur, Sauberkeit oder lebenswerten Quartieren finden wir auch im Bürgerhaushalt heute wieder!
Im neuen Verfahren werden wir stattdessen die 52ste Ferienfreizeit der Falken oder den 39sten Integrationskurs der AWO erleben – das ist Klientelpolitik vom Feinsten, was sie hier betreiben, deshalb wollen sie auch genau wissen wer die Anträge gestellt hat – und wenn sie nicht schon rot wären, müssten sie es dabei eigentlich.
„Bürgerbeteiligung 1.0“
Zum Schluss bleibt die Erkenntnis: Während die Wirtschaft über „Industrie 4.0“ diskutiert und Gelsenkirchen mit viel Einsatz und Aufwand bei der „Bürgerbeteiligung 2.0“ angelangt war, führen sie jetzt hier die „Bürgerbeteiligung 1.0“ wieder ein. Aber nicht mit uns. Nicht mit der CDU. Wir wollen das Verfahren weiterentwickeln und nicht abschaffen. Und wenn sie doch noch zur Vernunft kommen, stehen wir dafür auch für Gespräche zur Verfügung.