CDU Ratsfraktion Gelsenkirchen

Rat der Stadt am 30.08.2018 - Aufnahme in Not geratener Flüchtlinge

Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Heinberg
Anrede,
was ist möglich, was ist machbar, was geht und was geht nicht – der Antrag der Fraktion DIE Linke, Gelsenkirchen solle sich der Initiative mittlerweile verschiedener Städte, an der Spitze mit Köln, Bonn und Düsseldorf anschließen und erklären, weitere in Not geratene Flüchtlinge aufnehmen zu wollen, tangiert genau diese Fragen.
Was ist möglich, was ist machbar, was geht und was geht nicht? Wir alle sind erschüttert, wenn wir in den Nachrichten immer wieder und immer wieder vom Leid der Menschen hören, die sich aus ganz unterschiedlichen Beweggründen über das Mittelmeer aufmachen, Schutz und Zukunft in Europa suchen und dabei oftmals Leib und Leben riskieren oder sogar verlieren.
Was diese Menschen forttreibt aus ihren Heimatländern hat oftmals mit Krieg, Hunger, Unterdrückung, Vergewaltigung und Verfolgung zu tun. Und ich wiederhole heute einen Satz, den ich auch schon hier im Rat der Stadt ganz persönlich und als Haltung meiner Fraktion und unserer Partei gesagt habe: Wenn  der Terror des sogenannten Islamischen Staats und seiner fürchterlichen Splittergruppen, wenn die Folgen von Bürgerkriegen, Naturkatastrophen, Unterdrückung und Verfolgung, also die nackte Angst um das eigene Leben und das Leben der Familienangehörigen, Menschen, Familien, zur Flucht zwingen, wenn sie sich darum auf einen gefährlichen und viel zu oft tödlichen Weg über das Mittelmeer wagen, dann muss Europa diesen Menschen Aufnahme, Schutz und Schild bieten, dann muss Europa diesen Menschen ein Ort sein, wo man in Freiheit und Frieden leben kann.
 
Ich sage aber ausdrücklich Europa! Es braucht eine europaweite und verlässliche Praxis für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge, für klare Regeln, wo Asylanträge bearbeitet werden und wo, bis zu einer Entscheidung, die Menschen zu bleiben haben und wo nicht.
Damit das klar ist: Wir in Gelsenkirchen, und diese Praxis hat die CDU-Fraktion mitgetragen und mit verantwortet, haben uns der schwierigen Herausforderung gestellt und die Flüchtlinge, die uns zugewiesen wurden, aufgenommen und wir haben versucht, und ich meine, dies ist uns auch in der übergroßen Mehrheit der Fälle gelungen, ihnen so etwas wie Sicherheit in der Unsicherheit ihrer Flucht zu schenken. Dafür möchte ich auch heute noch einmal den vielen Aktiven aus Kirchen, kirchlichen Verbänden und den Hilfsorganisationen danken, die ehrenamtlich oder hauptamtlich in dieser Zeit Großartiges geleistet haben.  
Und damit auch das klar ist: Die von mir gerade beschrieben Flüchtlinge stellen für uns keine Gefahr dar. Ich selbst habe zahlreichen Flüchtlingen gesprochen und durfte ihnen begegnen – es waren Menschen, die mit großer Dankbarkeit und Freude das Geschenk und die Chance auf eine Zukunftsperspektive in Frieden und Freiheit angenommen haben.
Ja, und gleichzeitig ist richtig: es gab und gibt auch in dieser Gruppe Menschen, die sich nicht an Regeln halten, die auch Straftaten begehen – diese Menschen stellen und stellten aber nur einen kleinen Teil der Gesamtgruppe der Flüchtlinge dar und unser Rechtsstaat kann und muss mit diesen Menschen klar umgehen und im Zweifel, und wenn rechtlich möglich, diese Menschen auch wieder in ihre Herkunftsländer zurück schicken – dies gilt  insbesondere für zugewanderte Gefährder.
 
Wenn ich auf Gelsenkirchen blicke, und da beginnt der Unterschied zu Köln, zu Düsseldorf, zu Bonn und anderen Städten, dann finde ich gehört zu einer vollständigen Wahrnehmung der „Herausforderung Zuwanderung“ die klare Feststellung, dass, im Verhältnis zur Größe und Struktur unserer Stadt, verhältnismäßig viele Menschen aus ärmsten Regionen Europas den Weg nach Gelsenkirchen gefunden haben – Menschen, die eben nicht vor Terror und Krieg fliehen mussten, sondern oftmals rein aus wirtschaftlichen Beweggründen den Weg zu uns in die Stadt gesucht, gezeigt und gefunden haben.
Viele von ihnen wollen sich integrieren, suchen Arbeit, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, einen rechtskonformen Weg, ihr Leben, ihren Alltag, ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt ihrer Familien aus eigener Kraft hier zu bestreiten. Diese Menschen sind uns willkommen und diese Menschen, das war und ist CDU-Politik, werden wir heute und in Zukunft unterstützen.
Aber es gibt eben auch die anderen Menschen aus dieser Gruppe der Zugewanderten, auch in unserer Stadt, die genau dies nicht wollen, dies nicht tun, dies nicht anstreben und sich, ganz im Gegenteil, sozial deviant verhalten, auch Straftaten begehen, mindestens aber keine Anstrengungen unternehmen sich zu integrieren.
Und jetzt bin ich wieder bei der Drucksache, die uns jetzt beschäftigt. Und ich bin bei meinen Eingangs gestellten Fragen: Was ist möglich, was ist machbar, was geht und was geht nicht?
So sehr ich die Initiative von Frau Reker und ihren Kollegen Oberbürgermeister schätze, teile und unterstütze, sage ich aber auch: jede Stadt muss, wenn es über das hinaus geht, was vorgegeben ist und erwartet wird, für sich entscheiden was geht, was nicht geht, was machbar und was möglich ist. Ich freue mich, wenn Köln, Düsseldorf, Bonn und andere Städte zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen und diese zusätzlichen Herausforderungen meistern wollen und hoffentlich auch meistern können. Wir in Gelsenkirchen sind dazu aktuell und zusätzlich nicht in der Lage – das ist die klare Auffassung unserer Fraktion nach ganz vielen Kontakten und Gesprächen mit den Menschen die hier leben und auch mit Menschen, die zu uns gekommen sind und sich integrieren wollen.
Warum kommen wir zu unserer Auffassung? Weil wir der Meinung sind, dass wir in Gelsenkirchen, fokussiert auf das Ziel zu einer echten Integration der Menschen zu kommen, die schon heute in der Stadt sind und mit uns leben, noch gewaltige Kraftanstrengungen unternehmen müssen. Dies ist kein politischer Vorwurf und kein Anflug politischer Kapitulation, sondern das Anerkenntnis politischer Realitäten, das Anerkenntnis fiskalischer Möglichkeiten und das Wissen um quartiersverträgliche Akzeptanzen.
Wir werden auch zukünftig zum Thema Aufnahme von Flüchtlingen machen was möglich ist, unterstützen was geht und was uns und die Menschen in der Stadt  vielleicht herausfordert – wir werden aber Nichts unterstützen, was uns vielleicht oder absehbar überfordert. Wir haben eine Entscheidung im Rahmen eines Abwägungsprozesses für uns getroffen und werden damit, aus unserer Sicht und auch im Wissen um Not und Leid, den Möglichkeiten der Stadt Gelsenkirchen gerecht. Den Antrag heute lehnen wir ab.